Das Chaos um die Bread & Butter hat auch bei den Einkäufern ein ebensolches erzeugt. Trotzdem bietet Berlin immerhin sechs weitere Modemessen. Reicht das den Besuchern und Berlin, um ein internationaler Modestandort zu bleiben?
Nach dem Hin- und Her der letzten Wochen fand die Berliner Modewoche nun doch mit der Bread & Butter statt, wenn auch im abgespeckten Rahmen. Immerhin 40 Labels wollten Karl-Heinz Müller die Treue halten und stellten im Blue Yard, dem Areal rund um das Headoffice der Messe und Müller 14Oz. Store aus. Doch werfen wir zunächst einen Blick auf die anderen Messen.
Panorama
Hauptgrund für den derben Fall der BnB war wohl das stark vergrößerte Areal der Panorama. Mit dem Umzug auf das Berliner Messegelände rund um den Funkturm stand den Veranstaltern nicht nur mehr Platz zur Verfügung, sondern vor allem ein deutlich besser erreichbares Gelände.
Man darf nicht vergessen, dass die Panorama dank dem Flughafen-Desaster einen extrem schweren Start hatte, den sie allerdings (im Vergleich zur BnB) recht gut wegsteckte.
Wirklich ausgefallenes sucht man auf der Panorama vergeblich. Auch wenn viele Aussteller der BnB hierhin wechselten, so wird hier hauptsächlich der modische Mainstream bedient. Da der Deutsche Kunde ohnehin nicht sehr wagemutig in seiner Klamottenwahl ist, soll das auch nicht negativ gewertet werden. Trotzdem: Innovation findet man eher woanders.
Premium
Ein alter Hase im Messegeschäft und doch stets innovativ – die Premium. Übersichtlich aufgeteilt findet man hier Haka, DOB, Accessoires, Lederwaren und Schuhe, alles in mittlerer, gehobener, bis Premium-Qualität. Die Auswahl ist stets spannend und das Team um Anita Tilmanns beweist mit neuen Marken, Nachwuchspreisen und einer Orientierung am progressiven Markt einen ausgezeichneten Riecher. Die Atmosphäre mag für einen Party-verwöhnten Besucher der BnB fast zu ruhig erscheinen, doch für den der wirklich Neues sucht, in Ruhe ordern will und vor allem für die Aussteller dürfte genau dieses Umfeld perfekt sein.
Bereiche wie die Dissonanz-Area mit jungen Labels und Marken erinnern stark an avantgardistisch ausgerichtete Messen in Paris und Amsterdam und runden so das Angebot für den Einkäufer ab.
Seek
Sonst gleich nebenan, zog die Seek auf eine größeres Gelände: die Arena. Mit ihrem jungen Ausstellerprgramm findet man hier innovatiives Design, Newcomer-Labels und viel viel Schwarz. Ein wenig erinnert das Konzept an das Angebot der Dissonanz Area der Premium, nur noch ausgefeilter und abwechslungsreicher.
Show & Order
Begonnen als Messe für Accessoires, hat die Show & Order in den letzten Saisons ihr Spektrum in Richtung DOB erweitert. Vom Angebot nicht wirklich ausgefallen und eher auf Best Agers ausgerichtet, wird hier eher der Boutiquen-Besitzer fündig. Fast schade für die coolen Hallen des Kraftwerks in der Köpenicker Starße, wo sonst der Tresor Club seine spektakulären Partys feiert. Und trotzdem: Wer die Zeit hat, sollte einmal durch die Show & Order schlendern. Wir haben zumindest das wirklich geniale Hosenlabel Mos Mosh und die herrlichen Tücher des Amsterdamer Labels Pom entdeckt.
Bright
Seit zwei Saisons im ehemaligen Kaufhaus Jandorf beheimatet, skaten jetzt die Fans der Street- und Urbanwear in Mitte auf der Bright durch diese historischen Hallen. Zugegeben, das ehemalige Stasi-Hauptquartier war eine geniale Location. Nicht zuletzt durch den angrenzenden Sportplatz, wo direkt nebenan diverse Events stattfanden. Hierfür musste der werte Besucher diesmal zwischen dem RAW Gelände in Friedrichshain und der Messe in Mitte pendeln. Aber so sieht man wenigstens etwas von der Stadt.
Curvy is Sexy
Als Nische kann man Übergrößenmode nicht mehr wirklich bezeichnen, und so dürfte der Erfolg der Curvy is Sexy Messe nicht verwundern. Mehr Platz musste deswegen her: Nur die Location auf der wirklich schönen Havelinsel Event Island ist für den einen oder anderen etwas weit ab vom Schuss. Aber dank Shuttleservice von der Panorama und mit dem Bus ab Flughafen Tegel recht gut zu erreichen. Gerade im Sommer wird die Messe garantiert von dieser vom Wasser umgebenen Location profitieren.
Greenshowroom und Ethical Fashion Show
Grüne Mode, Nachhaltigkeit und Fair Trade – das sind Aspekte, die immer wieder und mehr in den Modefokus rücken. Der Greenshowroom im Postbahnhof erfreut sich so stetigem Zulauf. Sonst noch separat, gesellt sich die Ethical Fashion Show diesmal dazu und so bündeln beide Messen ihr Potential. Was manch einen Neu-Besucher überraschen dürfte: Hier finden sich diverse Brands, die man als solche nicht in diese Kategorie einordnen würde. Ein schöner Beweis, dass öko selbstverständlich sein kann.
Fazit
Bei soviel Programm und Auswahl dürfte man als Einkäufer, Journalist oder Blogger eigentlich keinen Grund zur Beschwerde haben.
Und doch: Im Ausland kennt man oft nur die BnB. Eigentlich seltsam, da ein Messebesucher, spätestens wenn er in der Stadt ist, das große Messe-Spektrum registrieren dürfte. Trotzdem bangten vor allem die Aussteller um ihre internationale Kundschaft.
Vielleicht ist ein Messetermin von Montag bis MIttwoch da nicht so hilfreich, denn schließlich kommen viele Besucher auch wegen Berlin als kulturellem und Party-Hotspot. Natürlich kann man schon am Wochenende anreisen, um dann auf den Messen auszunüchtern 😉 Genügend Öko und Detox Lifestyle Produkte finden sich ja auf den Messen.